[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Jäger und seine getreuen Hunde

Dea war ein berühmter Bogenschütze. Er jagte auch mit Hunden. Seine Hunde hießen To (Korb), Donea (Sonnenuntergang), Pengo (Kolabaumkäfer) und Banwia, was soviel wie »du kannst nicht zustimmen« bedeutet.

Dea jagte am liebsten Affen. Und er kam nie von einer Jagd zurück, ohne einen Affen erbeutet zu haben. Eines Tages sah er eine Diana-Meerkatze. Er sah sie in einem Babaum sitzen. Da schoss er hoch hinauf in die Krone des Baumes und traf den Affen. Aber der Affe fiel nicht herunter.

Ein anderer Baum heißt Kro. Dieser lebt auf anderen Bäumen. Wo nun Dea stand, war solch eine Kroliane, und ihre Wurzeln umspannten die des Babaumes. Da der Affe nicht herunterfiel, stieg Dea an der Krowurzel hinauf. Er stieg so lange, bis er dorthin kam, wo die Affen saßen. Er ergriff zwei und warf sie auf den Boden.

Er wollte noch einen weiteren Affen greifen, er hatte ihn mit seinen Pfeilen schon getroffen, aber der hatte sich fest in der Kroliane eingekrallt. Der Affe war noch nicht völlig tot. Als Dea den alten Affen herunterschleudern wollte, ließ er die Wurzel einfach nicht los. Da nahm Dea sein Buschmesser und wollte den Affen töten. Er traf ihn aber nicht, sondern schlug daneben und zerriss die Liane, an der er heraufgeklettert war. Die Kroliane fiel herab.

Dea saß oben auf dem Baum, und es gab keinen Weg für ihn, auf dem er hätte herunterkommen können. Er saß lange da oben. Seine Hunde warteten unten auf ihn. Dann schlief Dea oben ein.

Am anderen Morgen rief To, der größte der Hunde, die anderen zusammen und sagte: »Lasst uns eine Unterredung führen. Wir müssen feststellen, wie wir unserem Herrn helfen können und ihn herunterbekommen.« »Wie kann aber ein Mensch dort im Baum verstehen«, meinten die anderen, »was wir hier am Boden beredet haben?« Es war Mittagszeit geworden, bevor sie aufhörten, sich zu besprechen.

Da rief To Dea zweimal an. To stand unterm Baum, und Dea fragte: »Wer ruft mich denn?« To sagte: »To ruft dich. Ich habe dich gerufen. Du hast geantwortet. Wir werden dir helfen, und dann wirst du die Möglichkeit haben, alle Lebewesen zu verstehen, die Gott für diese Erde gemacht hat.« Der Hund sprach weiter: »Aber wenn du ins Dorf kommst, darfst du dein Geheimnis nicht enthüllen. Wenn du es verrätst, wirst du zur Strafe sterben.« Dea sagte: »Hilf mir. Ich werde das Geheimnis nie verraten.«

Daraufhin sammelten die Hunde Blätter und Zweige. Sie sammelten so viele, dass der halbe Babaum davon bedeckt war. Dann sagten die Hunde: »Lass dich fallen, du fällst nur in die Blätter, die wir für dich gesammelt haben.« Dea aber meinte: »Ihr Hunde habt mich zum besten. Wenn ich herunter springe, sterbe ich.« Aber schließlich überredeten ihn die Hunde doch. Dann legte Dea seine Hände vors Gesicht und sprang.

Er kam sicher und wohlbehalten unten an. Sobald er losgesprungen war, verstand er die Geräusche aller Lebewesen. Alles Vieh im Dorf zum Beispiel verstand er. Als er ins Dorf zurückgekommen war, verstand er alle, die Kühe und Schafe, die Schmetterlinge und kleinen Käfer. Jedes Tier verstand er.

Damals starb seines Freundes Vater, und Dea ging hin, und da er alle Lebewesen verstand, hörte er, was die Fliege sagte: »Ich grüße euch, Hunde! Wir haben Glück, dass wir einen solch großen Leichnam bekommen, auf dem wir uns vergnügen können.« Als sie das sagte, lachte Dea laut auf. Aber schon sprach das Schaf zur Ziege: »Warum lacht denn Dea wohl? Menschen müssten doch jetzt traurig sein.« Da musste Dea über das gescheite Schaf noch mehr lachen, so dass die Familie seines Freundes sagte: »Dea hat sicher den Alten getötet, sonst würde er nicht dauernd lachen.« Die Familie kam zusammen, fing Dea ein und sagte, er sei ein Mörder.

Als er angeklagt war, kam auch seine eigene Familie, und man brachte ihn an einen geheimen Ort, um ihn allein zu sprechen. Sie fragten ihn: »Dea, warum hast du gelacht?« Und seine Eltern sagten: »Wenn du den Alten wirklich nicht umgebracht hast, warum hast du dann aber gelacht?« Dea sagte: »Leider kann ich euch das nicht erklären.«

Dann wollten sie ihn einem Ordal aus Saßholzrinde unterwerfen. Man nahm Saßholzrinde, stampfte sie, und er sollte den Trank schlucken. Dea sagte: »Es ist gar nicht nötig, Saßholz zu trinken. Wenn ich euch nämlich das Geheimnis erzähle, seht ihr mich sowieso nicht mehr am Leben.«

Das Gift war daran schuld, dass er so sprach. Lieber wollte er sein Geheimnis enthüllen und daran sterben. Als Deas Leute das hörten, erschraken sie sehr und gaben der Familie des Verstorbenen viel Geld. Aber die weigerte sich, Geld zu nehmen. Sie sagte: »Wir wollen, dass Dea Saßholz trinkt.«

Dea rief seine Familie zusammen und sagte: »Ich muss jetzt leider das Geheimnis enthüllen, das zwischen mir und den Lebewesen ist. Aber danach werde ich sterben.« Dann erzählte Dea die Geschichte von den Hunden und schloss: »Das hat mich nun doch mein Leben gekostet. Als ich in das Haus meines Freundes kam, brachte mich die Fliege zum Lachen - nicht der Tote.« Kaum hatte Dea zu sprechen aufgehört, kamen seine Jagdhunde und riefen: »Oh, Dea, durftest du das tun?« Da sagte Dea: »Ich war ja gezwungen zu reden.«

Das waren seine letzten Worte. Er starb auf der Stelle. Seitdem hat Deas Familie das Jagen aufgegeben.