[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der geizige Reiche

Es war einmal ein reicher Mann, der war sehr geizig, und je mehr er Geld besaß, desto mehr wollte er haben. Und immer wieder verkaufte er dem Teufel seine Seele, um immer mehr Geld von ihm zu bekommen. Als er schließlich alt war und sein Ende kommen fühlte, klopfte eines Tages ein Armer an seine Tür und bat ihn um einen Scheffel Korn. Und der geizige Reiche sagte zu ihm: »Wenn du mir das Versprechen gibst, wenn ich gestorben bin, bei meiner Leiche drei Nächte Wache zu halten, gebe ich dir zehn Scheffel statt einen.« Der Arme versprach es ihm, und er gab ihm die zehn Scheffel Korn.

Und der Arme kehrte nach Hause zurück und gab seinen Kindern Brot, und dem Reichen verzieh Gott.

Kurz darauf starb der geizige Reiche; der Arme vergaß sein Versprechen nicht und ging hin, um drei Nächte an der Leiche zu wachen. Die ersten beiden Nächte geschah nichts. Er betete die ganze Nacht für das Seelenheil des Toten, und am frühen Morgen, als es anfing zu dämmern, ging er in Frieden nach Haus. Doch in der dritten Nacht trat plötzlich ein Soldat aus einer Wand hervor. Das war Gott, der wollte dem Armen bei der Leichenwache helfen. Und der Soldat sagte zu dem Armen: »Was machst du bei diesem Toten?« Und der Arme antwortete: »Seht, Herr, ich wache bei diesem Toten, denn er gab mir einmal Almosen für meine Familie, und ich versprach ihm dafür, nach seinem Tod drei Nächte bei seiner Leiche zu wachen.« Und der Soldat sagte zu ihm: »Gut, dann wollen wir zusammen wachen.«

Und bald darauf kam der Teufel und sagte: »Hierher mit dem Toten; mir gehört er!« Und der Soldat antwortete ihm: »Wir geben ihn dir nicht.« Und wieder sagte der Teufel: »Hierher mit dem Toten; mir gehört er! Er hat mir seine Seele verkauft.« Und darauf sagte der Soldat zu ihm: »Wir geben ihn dir, wenn du uns dieses Fass voll Geld füllst.« Und der Teufel sagt: »Gut, wartet auf mich; ich hole Geld.« Und der Teufel ging fort, um Geld zu holen. Indessen schlug der Soldat dem Fass den Boden aus und hing es an einen Baum, der an einem Abgrund stand. Da kehrte der Teufel auch schon mit zwei Säcken voll Geld zurück und machte sich daran, sie in das Fass zu schütten; doch da alles in den Abgrund fiel, blieb das Fass leer. Darauf sagte der Teufel: »Ich hole mehr.« Und er ging fort und kam mit einer Karre voll zurück und schüttete alles in das Fass; doch wurde es immer noch nicht voll. Und da brachte er noch eine Karre voll und schüttete das auch alles in das Fass hinein, doch füllte es sich wieder nicht. Und so brachte er eine nach der anderen, aber das Fass wurde nicht voll. Die ganze Nacht tat er das, bis es anfing zu dämmern und er sich eiligst von dannen machen musste.

Und so hatte der geizige Reiche seine Seele gerettet durch das Almosen, das er gegeben hatte.