[swahili, "Geschichte, Legende"]

Der Fuchs und der Wolf

Es lebten einmal ein Mann und eine Frau. Eines Tages sagte der Mann: »Höre, Frau, backe Pirogi, ich aber will den Schlitten anspannen und zum Fischen fahren.«

Den ganzen Schlitten voll Fische hatte der Alte gefangen. Auf der Heimfahrt sieht er auf dem Weg einen zusammengerollten Fuchs liegen.

Der Alte steigt vom Schlitten, geht dicht an den Fuchs heran, der aber regt sich nicht, liegt da wie tot.

»Das nenn' ich einen Fang! Das gibt für meine Alte einen feinen Pelzkragen.«

Der Alte nahm den Fuchs, legte ihn oben auf die Fische, er selber geht vor dem Fuhrwerk her. Der Fuchs aber, nicht faul, warf fein sachte immer ein Fischlein nach dem anderen vom Schlitten hinunter. Dann sprang er selber hinab.

Der Alte kommt heim und ruft: »He, Alte, einen feinen Pelzkragen hab' ich dir mitgebracht!«

Die Frau geht zum Schlitten: da findet sie weder Kragen noch Fisch. Sie fiel über den Alten her...

»Ach, du alter Meerrettich, du ungeratener, was fällt dir ein, mich zu betrügen!«

Da begriff der Alte, dass der Fuchs gar nicht tot gewesen war. Er grämte und ärgerte sich zwar, aber was half das?

Unterdessen hatte der Fuchs die Fische auf dem Wege alle auf einen Haufen zusammengetragen und sitzt nun da und lässt es sich gut schmecken.

Da kommt ein Wolf daher.

»Grüß' dich, Gevatter, wünsche wohl zu speisen.«

»Ich ess', was mein, du aber halt den Abstand ein.«

»Gib mir doch ein Fischlein ab.«

»Fang dir selber welche!«

»Ich weiß doch nicht wie.«

»Sieh einer an! Ich hab' mir ja auch welche gefangen. Geh mal, Gevatterlein, zum Fluss hinab, häng den Schwanz ins Eisloch, sitz ganz still und sprich nur immer vor dich hin: ›Fangt euch, Fischlein, groß und klein - fangt euch, Fischlein, groß und klein!‹ Die Fische werden sich ganz von selber an deinen Schwanz hängen. Je länger du sitzen wirst, desto mehr Fische wirst du haben.«

Der Wolf geht zum Fluss hinunter, hängt seinen Schwanz ins Eisloch, sitzt still und spricht immerzu vor sich hin: »Fangt euch, Fischlein, groß und klein - Fangt euch, Fischlein, groß und klein!«

Der Fuchs aber streicht um den Wolf herum und murmelt: »Leuchtet hell, ihr Stern' am Himmel, Wolfsschwanz, frier im Eise fest!«

Der Wolf fragt den Fuchs: »Was murmelst du da, Gevatter?«

»Ich helfe dir, ich locke die Fische zusammen.«

Und murmelt unentwegt weiter: »Leuchtet hell, ihr Stern' am Himmel, Wolfsschwanz, frier im Eise fest!«

Die ganze Nacht saß der Wolf so am Eisloch. Da war ihm denn der Schwanz festgefroren. Gegen Morgen wollte er aufstehen, aber es ging nicht. Da meinte er: »Hat da aber eine Menge Fische angebissen - sind ja gar nicht herauszuziehn!«

Da kommt gerade eine Frau mit Eimern, will Wasser holen. Die sieht den Wolf und schreit los: »Ein Wolf, ein Wolf! Schlagt ihn tot!«

Der Wolf zerrt hin, der Wolf zerrt her und kann den Schwanz nicht losbekommen. Die Frau wirft die Eimer hin und fängt an, ihn mit dem Tragholz zu bearbeiten. Sie schlug auf ihn ein, der Wolf zog und zerrte, riss sich schließlich den Schwanz ab und suchte das Weite.

»Warte nur«, denkt er, »ich will dir's schon heimzahlen, Gevatter!«

Der Fuchs aber hatte sich unterdessen in das Haus der Frau, die den Wolf verprügelt hatte, eingeschlichen, fraß sich dort an Sauerteig satt, schmierte sich auch noch den ganzen Kopf damit voll, lief auf die Straße, warf sich hin und liegt nun da und stöhnt.

Der Wolf kommt angerannt: »So also lehrst du mich Fische fangen, Gevatter! Sieh, wie sie mich zugerichtet haben...«

Der Fuchs aber klagt: »Ach! Gevatter! Dir fehlt der Schwanz, dafür aber ist dein Kopf noch ganz. Mir aber haben sie den Kopf zerschlagen: sieh - wie mir das Gehirn herausquillt! Kaum kann ich mich noch auf den Beinen halten«

»Ist auch wahr«, sagte der Wolf; »Du kannst nicht laufen, Gevatter. Komm, sitz auf, ich will dich heim tragen.«

Der Fuchs setzt sich dem Wolf auf den Rücken, und der trägt ihn davon. So reitet der Fuchs auf dem Wolf, dabei singt er leise vor sich hin: »Der Geprügelte trägt den Ungeprügelten. Der Geprügelte trägt den Ungeprügelten!«

»Was singst du da immer, Gevatter?«

»Ich bespreche deine Schmerzen, Gevatterlein.«

Und unentwegt singt er sein Liedchen weiter: »Der Geprügelte trägt den Ungeprügelten. Der Geprügelte trägt den Ungeprügelten!«