[swahili, "Geschichte, Legende"]

Das Weltall der Navaho

Dunkel und unsichtbar war die erste Welt am Anfang allen Seins, so dunkel wie die Wolle schwarzer Schafe. Diese Welt der dunklen Erde war klein, eine winzige Insel auf dem unendlichen Weltennebel. Vier Himmelsrichtungen gab es, und über jeder lag eine Wolke. In der Mitte aber wuchs die Weltenkiefer, von der alle Kiefern ihren Anfang genommen haben. Die vier Wolken enthielten das Wesen dieser ersten Welt, die gestaltlos war, und jede Wolke hatte eine bestimmte Farbe. Die schwarze Wolke enthielt das Weibliche, das in ihr war wie das Kind im Leibe der Mutter. Die weiße Wolke aber war das Männliche, das wie das erwärmende Licht, wie die Dämmerung war, von der alles seinen Ausgang nimmt.

Im Osten, dort, wo die schwarze und die weiße Wolke sich berührten, entstand Erster Mann. Mit ihm wurde Weißer Mais geboren, der wunderbar war in seiner Regelmäßigkeit. Der Ort aber, an dem dies geschah, heißt Maissamen-Ort. Erster Mann und Weißer Mais waren ohne Form und Dinglichkeit, denn die erste Welt war die Welt der Nebelwesen, aus denen erst alles werden sollte, was wir heute um uns sehen.

Im Westen, dort, wo heute die Sonne versinkt, erschien eine blaue Wolke und neben ihr eine gelbe Wolke. Wo sich beide berührten, entstand Erste Frau und mit ihr Gelber Mais. Zugleich wurden Weiße Muschel, Türkis und Yuccapflanzegeschaffen.

Erster Mann stand im Osten der dunklen Welt; er war die Dämmerung, der Anfang, der Spender allen Lebens. Erste Frau aber stand im Westen, Sinnbild der Dunkelheit und des Todes. Erster Mann trug einen Bergkristall in der Hand, Zeichen des Begreifens, des klaren Denkens, Symbol des Verstandes und des Feuers. Als er diesen flammen ließ, erwachte sein Geist aus der untätigen Dämmerung der ersten Schöpfung und begriff sein Dasein. Erste Frau aber ließ Türkis brennen, dessen blaues Licht weithin leuchtete.

Höher stiegen nun die weiße und die schwarze Wolke, Raum zu geben ihrer Schöpfung, und Erster Mann wanderte hinaus in die Dunkelheit auf der Suche nach dem blauen Feuer im Westen. Zweimal kehrte er vergeblich zurück; da nahm er einen Zweig der Weltenkiefer und ließ sich von ihm den Weg weisen. So sah er Erste Frau am Rauch vom Türkisfeuer. Diese aber machte sich auf, das Feuer im Osten zu suchen. Wohl sah sie, dass das Feuer aus Bergkristall heller brannte als das ihrige aus Türkis. So erkannte sie die Stärke des Mannes und folgte ihm nach Osten.

Zu dieser Zeit entstand Großer Wasser geborener Coyote, der mit männlichen Kräften ausgestattet war. Alles, was im Wasser und im Himmel war, kannte er in seiner Weisheit. Als er Ersten Mann und Erste Frau traf, sagte er ihnen, dass er aus einem Ei geschlüpft sei. Erster Mann sah die Macht und die Weisheit dieses Wesens und vertraute sich seiner Führung an.

Ein viertes Geschöpf war unterdes entstanden, haarig und voller Listen. Es hatte den Namen Erster Zorn und sah aus wie ein Coyote. Von ihm sagt man, dass es länger auf der Welt sei als alle übrigen Wesen. Auch erschienen vier Wesen von gelber Farbe, die Wespenleute. Sie kannten das Geheimnis des bösen Zaubers und waren mächtig in allerlei dunklen Künsten. So gab es nun acht Wesen in der Welt der Dunkelheit. Doch bald darauf erschienen weitere vier Geschöpfe. Klein und behände waren sie, hatten schwarze Augen und trugen rote Röcke; beißen konnten sie, denn sie waren Ameisen. Nach ihnen tauchten schwarze Gestalten auf mit wulstigen Lippen und vorstehenden Augen: die schwarzen Ameisen, die über gewaltige Zauberkräfte verfügen und sich noch heute gegenseitig umbringen.

Allmählich entstanden so alle Wesen, voran die Stinkameisen, die harmlos waren, wenn sie auch übel rochen. Nach ihnen erschienen Käfer und Libellen. Auch die Fledermausleute und Spinnenmann und Spinnenfrau sind damals geschaffen worden. Ihnen folgten Salzfrau und Salzmann, und die erste Welt begann zu klein zu werden für all die Geschöpfe, die auf ihr Platz zu finden hofften. Jeder wachte eifersüchtig auf sein Recht, und dauernd gab es Zank und Streit.

Da zogen Erster Mann und Erste Frau, Großer Wassergeborener Coyote, Erster Zorn und alle übrigen, die nach ihnen gekommen waren, hinaus und verließen die erste Welt.

Sie kletterten hinauf in die zweite Welt, die blau war wie der Himmel am Mittag und wie der Türkis im Schoße der Felsen. Hier fanden sie eine Anzahl von Wesen, die jene zweite Welt bewohnten. Blauhäher und Blauspecht lebten hier zusammen mit Blaureiher und dem blauen Habicht. Alle gefiederten Wesen von blauer Farbe entstammen dieser zweiten Welt des blauen Nebels, der wie ein Schleier über allem lag. Auch die Schwalbenleute lebten in dieser zweiten Welt. Sie waren es, die den anderen das Leben erschwerten. So machten sich die Geschöpfe der ersten Welt wieder auf den Weg, gefolgt von allem Getier der blauen Welt. Allen voran aber flog der Blauhäher, der auch den Eingang zur dritten Welt fand, der unter dem blauen Nebel verborgen war.

Die dritte Welt war gelb wie der Sand der Wüste. Diese gelbe Welt wurde von zwei Flüssen durchflossen, einem von Norden nach Süden und einem zweiten von Osten nach Westen. Der erste Fluss war männlich, der zweite jedoch war weiblich, denn jedem Männlichen entspricht ein Weibliches. In der Mitte der dritten Welt durchflossen sie einander, daher hieß der Ort Stelle-der-kreuzenden-Wasser. Sechs Berge gab es in der gelben Welt, die das Wesen der heutigen Berge enthielten, wenn sie auch keine Gestalt und Wesenheit besaßen. Im Osten lag der Berg der weißen Muscheln, im Süden der Berg der Türkise, im Westen stand der Berg der Seeohren und im Norden der Berg der gläsernen Lava. In der Mitte der dritten Welt aber befanden sich der Mutterberg und der Berg der gestreiften Steine.

Die gelbe Welt war ebenso sonnenlos wie alle vorhergegangenen Welten, doch lebten in ihr zahlreiche Wesen. Am Berge der weißen Muscheln wohnte Türkis, ein Junge, dem das männliche Schilf unterstand. Weiter im Osten lag das Land der Stein Menschen, die noch heute um uns sind, wenn wir sie auch nicht zu sehen vermögen. Dort, wo die Wüste uns Luftspiegelungen vorgaukelt, ist das Land der Steinleute. Östlich davon aber lebten jene zwölf Buckligen, denen seit alters her Saaten und Fruchtbarkeit unterstanden. Am Rande der Welt, dort, wo das,Ende ist, wohnten Heiliger Mann, Heilige Frau, Heiliger Junge und Heiliges Mädchen.

Im Westen wohnte die Frau der weißen Muscheln, die das weibliche Schilfrohr hütete. Noch weiter nach Westen begann das Land der Erdfeuermenschen, und westlich von diesen wohnten die Maismädchen, die Beschützer der Fruchtbarkeit. Am Ende der Welt aber lebten vier heilige Wesen.

Im Mittelpunkt wohnten die Klippenmenschen, mächtige Wesen, deren Totenstädte noch heute verlassen in den Höhlen stehen. Auf den Bergen wohnten die Schwalbenmenschen in ihren Erdhäusern. Hier war auch die Heimat der Eichhörnchen und Mäuse, der Truthähne, Hirsche, Berglöwen, Spinnen, Eidechsen und Schlangen. An den bei den Flüssen hausten die Biberleute und allerlei Wassergetier. Auch die Geister, die unter dem Wasser leben, hatten hier ihre Heimat. Alles war ohne feste Form, denn alles war dunkel.

Erster Mann rief alle zusammen, zog Weißen Mais hervor, der mit ihm geschaffen worden war, und auch Erste Frau legte Gelben Mais auf die Erde, denn es war Zeit zu säen. Großer Truthahn, dem Wasser und Regen unterstehen, trat heran und tanzte über den Kolben. Dann ließ er aus seinem Gefieder vier Maiskörner fallen, ein graues, ein blaues, ein schwarzes und ein rotes Korn. Große Schlange tanzte ebenfalls und schenkte vier Samenkörner: Kürbis, Melone, Wassermelone und Kantalupe. Noch heute kriechen diese Pflanzen auf dem Boden entlang, ganz wie ihr Spender. Danach begannen alle, die Felder zu bestellen. Groß war die Ernte, und Türkis kam, um Erste Frau zu besuchen, denn Türkis war von Anbeginn bei ihr gewesen, damals, als sie das blaue Feuer entzündet hatte. Vier Häuptlinge herrschten über die .Welt: Große Schlange, Berglöwe, Otter; und Bär. Erster Mann war erzürnt über Türkis, denn er wollte Erste Frau für sich allein haben. Türkis aber hatte alte Rechte auf Erste Frau. Aus Zorn weigerte sich Erster Mann, zu den vier Häuptlingen zu sprechen, die stets zu ihm um Rat kamen. Viermal stieg die weiße Wolke, die in der gelben Welt die Zeit einteilte, doch schweigend blieb Erster Mann in seiner Hütte. Dann aber reinigte er sich und bereitete sich vor auf sein Tun. Großer Wassergeborener Coyote gab ihm den Rat, alle männlichen Wesen um sich zu versammeln und sie über das Wasser zu führen. Dort, wo beide Flüsse ihre Fluten vermischten, setzte er mit allen männlichen Wesen über auf das jenseitige Ufer. Das Männliche und das Weibliche waren nun getrennt, jeder war allein und musste für sich,selbst sorgen. Die Männer ernährten sich von der Jagd, die Frauen bestellten eine Weile lang allein ihre Gärten, aber am Ende sahen beide, dass ihnen etwas fehlte. Schließlich sprach Erster Mann: »Wir sehen unseren Fehler ein, in Zukunft: wissen wir, wie wir uns verhalten müssen.« Dann brachten sie die Frauen über den Fluss, und männliche und weibliche Wesen waren wiederum vereint. Vier Tage lang fasteten die Männer und reinigten sich, während die Frauen weitab von dieser Stelle bleiben mussten. Dann aber legte Erste Frau ihren Arm um Ersten Mann und versprach, von nun an auf ihn zu hören.

Alle Geschöpfe kehrten zurück zu ihren Wohnplätzen, ganz so, wie es vordem gewesen war. Viel Zeit verging, und es schien, als ob ein jeder das gefunden hatte, was er begehrte. Aber Erste Frau begann sich zu langweilen, denn das Leben floss zu gleichförmig dahin. Daher begab sie sich zu Erstem Zorn, der aussah wie ein Coyote, und sprach zu ihm: »Ich habe viel ausgestanden. Meine Gärten wollten nicht tragen, und meine Kinder sind gestorben unter meinen Händen. Hier nimm den Regenbogen und gehe damit an die Stelle, wo die bei den Flüsse sich begegnen. Bringe mir von dort die bei den Kinder des Großen Büffels, jenes Ungeheuers, dem die Gewässer untertan sind.«

Erster Zorn war sogleich bereit, denn immer, wenn es Unheil zu stiften gab, freute er sich. Eilig wanderte er über den Regenbogen zum Heim des Großen Büffels, stahl dessen Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, und verbarg diese unter seinem zottigen Fell.

Nicht lange darauf sahen die Bewohner der gelben Welt einen hellen Schein über den ganzen Horizont laufen. Aus dem Osten kam der Hirsch und berichtete atemlos, dass von dort eine große Wasserwoge komme, die alles unter sich begrabe! Königsfischer kam von Norden und erzählte ebenfalls von einer großen Flut. Auch aus Süden und Westen kam die Nachricht vom großen, alles verschlingenden Wasser. Langsam begann die Erde zu versinken, denn Erster Zorn hatte dem Großen Büffel, dem Herrn aller Gewässer, die Kinder geraubt. Niemand wusste, warum das Wasser kam, nur Erster Zorn und Erste Frau ahnten den wahren Grund, aber sie schwiegen beide.

Erster Mann sandte alle Geschöpfe auf den Berg der weißen Muscheln und hieß sie die Saaten bringen, von denen sie sich nährten. Erster Mann aber lief zu jedem der Berge und nahm von ihnen ein wenig Erde, die er in seinen Medizinbeutel tat. Immer höher stieg das Wasser. Als Erster Mann und die Seinen den Berg der weißen Muscheln hinaufeilten, bemerkte er, dass er seinen Medizinbeutel verloren hatte. Schon wollte er sich in die Fluten stürzen, um danach zu tauchen, als Königsfischer sich anbot, den verlorenen Beutel zu holen. Ohne diesen Beutel konnte Erster Mann nicht leben, er war machtlos ohne diesen Helfer, der ihm die Kraft gab, Regen herbeizurufen und Saaten wachsen zu lassen. Als er sein Kleinod wieder in den Händen hielt, blies er viermal darüber hin zum Dank, dass ihm das Seine wiedergegeben war.

Als Erster Mann auf dem Gipfel des Berges der weißen Muscheln ankam, sah er, dass alle bereits vor ihm dort angelangt waren, jeder mit seiner Bürde. Türkis hatte das männliche Schilf mitgebracht, während die Frau der weißen Muscheln das weibliche Schilfrohr gerettet hatte. Jeder hatte seine Lieblingspflanzen geborgen, und Spinnenmann hatte sich zur Vorsicht eine Baumwollstaude mitgenommen. Erster Mann aber zog einen Trieb der Weltenkiefer hervor, den er auf dem Gipfel in die Erde tat, denn es war wichtig, dass die Kiefer erhalten blieb. Dann gebrauchte er die Zauberkräfte aus seinem Medizinbeutel, um den Baum von neuem wachsen zu lassen, aber die Kiefer sandte ihre Zweige nach allen Seiten, ohne viel nach oben zu wachsen. So pflanzte Erster Mann das männliche Schilf, das Türkis gebracht hatte, und befahl allen Geschöpfen, gemeinsam zu blasen, damit das Schilfrohr schnell groß werde, so wie das Feuer wächst, wenn man es bläst. Alle bliesen gemeinsam, und bald reichte das Schilf bis an das Himmelsgewölbe, das über der dritten Welt war. Ein mächtiger Halm war das, der da bis in die Unendlichkeit zu reichen schien. Darauf versuchte Erster Mann von innen her durch das Schilfrohr zu blasen, aber es gelang ihm nicht. Da schickte er den Specht hinein, damit dieser eine Öffnung schaffe. Bald kam der Specht zurück und verkündete, dass man oben bereits den Himmel sehen könne. Da kletterten Erster Mann, Erste Frau, Großer Wassergeborener Coyote, Erster Zorn, Türkis, Frau der weißen Muscheln und alle anderen hinauf in die vierte Welt, die sie durch ein männliches Schilfrohr betraten, während die gelbe Welt vom Wasserungeheuer verschlungen wurde.

Als Erster Mann die vierte Welt erreichte, sah er, dass sie klein und völlig weiß war. Immer mehr Geschöpfe kamen durch das männliche Schilf auf die vierte Welt. Schließlich kam der Truthahn als letzter durch das Rohr. Schaumbedeckt kroch er hervor, denn gleich hinter ihm kam das Wasser. Noch heute trägt er die Schaumspritzer auf seinem Federkleide. Gleich darauf erschien der Große Büffel, das Ungeheuer, dem die Gewässer untertan waren, steckte seinen Kopf durch das loch im Schilfrohr und blickte um sich. Blitze zuckten von seinen mächtigen Hörnern, und das zottige Fell schwamm überall im Wasser. Der Große Büffel war schrecklich anzusehen. Erster Mann fragte ihn, warum die Flut gekommen sei und sie aus der dritten Welt vertrieben habe. Da zog Erster Zorn die bei den Kinder des Großen Büffels hervor aus seinem Pelze und fragte scheinheilig, ob dies vielleicht der Grund sei.

Türkis nahm sogleich einen Korb und füllte ihn mit den blauen Steinen. Darauf häufte er blauen Pollen von blauen Blumen, gelben Maispollen, Pollen von Wasserlilien und legte zuoberst einen Bergkristall, ein Pollenkorn des Wassers. Den gefüllten Korb stellte er dem Großen Büffel zwischen die Hörner, während Erster Zorn sich bereit erklärte, das männliche Kind des Großen Büffels zurückzugeben. »Von nun an soll es Schwarze Wolke heißen, verehrt von allen als männlicher Regen, der mit Blitz und Donner zur Erde reist. Das Mädchen aber will ich behalten. Sie soll fortan als weiblicher Regen verehrt werden und als gelbe, weiße und blaue Wolken leise und sanft die Erde befruchten. Sanft wie die Hand einer liebenden soll sie die Erde berühren und den Menschen helfen, ihnen das leben leicht machen.« Mit diesen Worten legte er den Jungen in den Opferkorb. Der Große Büffel aber kehrte zurück in die dritte Welt, und mit ihm verschwanden die Wasserfluten, die er gebracht hatte.

Während das Wasser sich langsam verlief, erschien mit einem Male ein neues Wesen, das vorher noch niemand gesehen hatte. Es nannte sich Dachs und behauptete, von der gelben Wolke der ersten Welt abzustammen. Später stellte sich heraus, dass er dort entstanden war, wo die gelbe Wolke die Erde berührt hatte. Jene gelbe Wolke, deren Ursprung die Sonne ist, und die dunkle Erde, in der er lebt, waren die Eltern des Dachses.

Erster Mann sah bald, dass die vierte Welt zu klein war und zu öde, um allen Geschöpfen leben zu geben. Auch hatte der Große Büffel zu viele Fluten vergossen, als er seinen Kopf aus dem Schilfrohr steckte, so dass an ein Säen nicht zu denken war. Daher pflanzte Erster Mann das weibliche Schilfrohr, das die Frau der weißen Muscheln betreut hatte, und sah zu, wie es rasch bis in den Himmel wuchs. Dann trug er dem Dachs auf, hinaufzusteigen in die fünfte Welt. Doch bevor der Dachs noch zurückgekehrt war, begann es mit einem Male im Inneren des Rohres zu tropfen. Immer schneller fielen die Wassertropfen, und kurz darauf erschien der Dachs und erklärte, dass er Angst habe vor dem Wasser. Da sandte Erster Mann das Heupferd auf die Suche nach der fünften Welt. Heupferd war: ein braver und furchtloser Geselle, den so leicht nichts erschüttern konnte. Aus Schilf machte er sich ein Stirnband zurecht, steckte zwei Pfeile hinein und kletterte hinauf in die fünfte Welt.

Als Heupferd oben aus dem weiblichen Schilfrohr sah, war er sehr erstaunt, denn er erblickte nichts als Wasser. Mit großen Augen sah ihn ein Haubentaucher an, der ebenfalls zwei Pfeile an einem Stirnbande trug. Heupferd gab sich große Mühe, den Vogel von seinen Zauberkräften zu überzeugen. Großartig zog er seine bei den Pfeile aus dem Stirnbande und begann anschließend je einen Pfeil unter seinen gläsernen Flügeln durchzuziehen. Der Taucher aber traute seinen Augen nicht, denn er glaubte, dass dies seltsame Wesen Pfeile durch seinen Körper zu ziehen vermöge. Erschrocken über diesen ungewöhnlichen Gesellen, schwamm er nach Osten davon. Mit ihm verschwand sogleich das Wasser. Schon wollte Heupferd sich auf den Rückweg machen, als aus Süden ein blauer Vogel angeschwommen kam, der ebenfalls eine große Menge Wasser mitbrachte. Kaum hatte er diesen vertrieben, kam bereits aus Norden ein weißer Vogel geschwommen. Wieder führte er sein Kunststück vor und verscheuchte den Wasserbringer. Auch ein gelber Vogel, der aus Westen kam, wurde von der Zaubermacht des Heupferdes so beeindruckt, dass er umkehrte. Als der letzte Vogel verschwunden war, bemerkte das Heupferd, dass es sich auf trockenem Lande befand. Eilig kehrte es zurück in die vierte Welt und berichtete von seinen Abenteuern. Dabei vergaß es nicht, sich und seine Künste ins rechte Licht zu setzen, um bei den anderen Eindruck zu machen.

Wiederum wurde Dachs ausgesandt, um die fünfte Welt zu prüfen. Irgendwo musste man säen und ernten, wenn man nicht verhungern wollte. Ober und über mit Schlamm bedeckt kam der Dachs zurück, denn noch immer war die Erde nicht hart genug. Da beschloss Erster Mann, die Häuptlinge der fünf Winde um Hilfe anzurufen, die in der sechsten Welt leben, der Welt, die über der fünften liegt. Erster Mann opferte kleine Stücke der blauen Steine für die fünf Häuptlinge, die daraufhin die Winde auf die Erde sandten, um die fünfte Welt vorzubereiten für Ersten Mann. Beim zweiten Besuch kam der Dachs sauber und vergnügt zurück und berichtete, dass es jetzt dort oben schön und trocken sei, gerade recht zum Leben. Da führte Erster Mann Erste Frau und alle übrigen Geschöpfe hinauf in die fünfte Welt, in die ewig wechselnde, schillernde Welt der Gegenwart. Die Stelle, an der sie diese Welt zum ersten Male betraten, wurde von vier Bergen eingerahmt, und die Quelle, aus der sie alle gekommen sind, lässt heute noch Blasen aufsteigen zum Zeichen, dass hier der Eingang zur unteren Welt ist.

Als alle Geschöpfe durch das weibliche Schilf heraufgestiegen waren, nahm Erster Mann den Berglöwen, schmückte ihn mit rotem, weißem, gelbem und schwarzem Mais und schmückte den Wolf mit weißen Federn. Dann stellte er beide einander gegenüber. Die Geschöpfe aber teilte er ein in zwei Gruppen und gab der ersten die Wahl zwischen den beiden Häuptlingen, die er geschmückt hatte. Diese beriet lange und wählte am Ende den Wolf. Berglöwe wurde nun zum Häuptling über die zweite Gruppe bestellt. Die Gefolgschaft des Wolfes wurde zu Tieren, alles, was fliegt, kriecht, läuft und schwimmt, erkennt ihn als Häuptling an. Berglöwe jedoch wurde der erste Häuptling der Menschen, die wie wir waren. Er brachte den Menschen den Mais, den sie heute noch pflanzen und ernten.

Die sechste Welt ist über uns, es ist die Welt der Geister. Dorthin kommen wir, wenn wir diese Welt verlassen müssen. Die siebente Welt aber ist das große All, wo alle Einzelheiten zu einer Einheit werden, wo Form und Gestalt zerrinnen zu einem Nichts, das in Wirklichkeit ein Alles ist, denn alles kommt aus dem Nichts. Einst wird alles, was jetzt getrennt ist, verschmelzen zu diesem einen All, das in der siebenten Welt ist und über die übrigen Welten gebieten wird.