[swahili, "Geschichte, Legende"]

Betty Schlampstrumpf und Monster-Jan

Im Oberland, den »High countries«, wie die Pfarrsprengel von Morvah, Zennor und Towednack genannt werden, hat man lange Zeit folgendes überliefert: Die Kleinen Leute holen oft die Kinder von schmutzigen, faulen Frauen, die sich viel herumtreiben, säubern sie sorgfältig und bringen sie wieder zurück - und dann sind sie natürlich um vieles schöner, weil sie von den Elfen im Morgentau gewaschen wurden. Diese Vorstellung hat offensichtlich viele Jahrhunderte bestanden, und wie viele alte Überlieferungen ist sie in jeder Generation umgeformt und den Bedingungen der Zeit angepasst worden. Das folgende ist in seinen Hauptzügen nur leicht abgewandelt, es wird berichtet nach einer Geschichte, die eine alte Frau in Morvah etwas vergröbert und viel ausgedehnter erzählt hat.

Betty Schlampstrumpf, eine Frau von den Hügeln, verlor vor ein paar Monaten beinahe ihr kleines Kind. Schlampstrumpf war zwar ein Spottname, aber alle kannten sie nur unter diesem und keinem anderen Namen. Sie hatte ihn bekommen, weil sie um ihre Beine und Füße immer so unordentlich war. Sie konnte sich kein Loch in ihrem Strumpf stopfen - die faule Schlampe konnte sich nicht mal einen stricken. Damit man die Löcher an ihren Fersen nicht sah, zog sich Betty die Beinlinge ihrer Strümpfe immer unter den Fuß, solange der obere Rand noch unter das Strumpfband reichte, und oft machte sie das Strumpfband schon mitten am Bein fest, wenn der Strumpf nicht mehr lang genug war.

Betty war in Towednack aufgewachsen, nicht weit entfernt von der Wheal-Reeth-Grube, wo der Alte, ihr Vater, arbeitete. Er beackerte auch ein paar Morgen Land, und je nach seiner Schicht arbeiteten er und seine Tochter darauf. Die Alten pflegten zu sagen, sie ließen das arme unschuldige Kind nicht in der Grube arbeiten, sie hätten Angst, die großen groben Heiden von Leiant könnten Gewalt über sie bekommen. Also behielten sie sie zu Hause, und der Alte pflegte damit zu prahlen, wie tüchtig seine Betty sei beim Ginsterschneiden und Torfstechen. Anstatt abends zu Hause zu bleiben, sauste sie von Gasse zu Gasse zu den Betversammlungen. Denn sie war von Kind an eine Bekennerseele gewesen. Betty war ein Einzelkind, und die Alten hatten ein wenig Geld gespart und hofften, einer, der was Besseres sei, würde sie heiraten. In den Hügeln wohnte ein Mann, Monster-Jan hieß der, den verführte das bisschen Geld, und er beschloss, es darauf anzulegen, dass er Betty bekäme. Jan wurde eine bekehrte Seele - er traf mit Betty in derselben Betgruppe zusammen und sagte von sich selbst, ihm seien die Mittel der Gnade so lieb und teuer. So ging es einige Zeit dahin, und dann stellte sich heraus, dass Betty Pech gehabt hatte. Nun hatten es die Alten sehr eilig, ihre Tochter zu verheiraten, und versprachen Jan so viel Geld, dass er sich ein Porzellanservice und eine Menge schönes irdenes Geschirr kaufen könnte, aber Monster-Jan verlangte mehr als das und wollte lieber den Rückzug antreten. Er verließ die Betgemeinde, damit er nicht ausgewiesen würde. Er sagte, das Ganze wäre ihm herzlich zuwider, und er erzählte allerlei seltsame Geschichten über das, was die da machten, und bald war er ein so schlechter Mensch wie zuvor. Die Zeit schritt voran, und Bettys Mutter sah, dass sie sich keine Möglichkeit entgehen lassen durfte, aus Betty eine ehrbare Frau zu machen.

Bettys Mutter war selbst eine erbärmlich schmutzige Frau, und, wie die Leute sagten, trank sie nur zu gern einen Tropfen. Nun ging sie nach Penzance und kaufte ein neues Bett, ein richtiges Himmelbett, einen Küchenschrank, leuchtend bleiblau und dunkelbraun bemalt, eine Achttage-Uhr in bemaltem Mahagoni-Gehäuse, eine Menge schönes irdenes Geschirr und einen gläsernen Milchkrug. Als diese Dinge alle in einer Hütte aufgestellt waren, gefielen sie Jan recht wohl. Er hing seine große Zwiebel von einer Uhr in der Mitte des Küchenschrankes auf, um zu sehen, wie sich das ausnimmt. Als er damit zufrieden war, sagte er zu der alten Frau, er würde Betty auf der Stelle heiraten, wenn sie ihnen ihre große, hübsche, blanke Wärmpfanne gäbe, so dass sie sie der Tür gegenüber aufhängen könnten. Das war schnell geschehen, und Monster-Jan und Betty Schlampstrumpf heirateten.

Nach kurzer Zeit war in Jans Hütte die Stimme eines Babys zu hören, aber das arme Kind hatte keine Wiege, nur eine Grubenkirbe, einen Korb, aus Stroh und Ranken geflochten. Und zusätzlich zu den üblichen Ursachen ihrer Nachlässigkeit kam noch eine hinzu: Betty fing zu trinken an. Eine ungeschlachte, eklige Trulle von einem Weib zog da umher und gab vor, Häkelarbeiten zu verkaufen, in Wirklichkeit aber verkaufte sie Gin, den sie in einer Flasche unter dreckigen Lumpen verborgen hatte; die bezeichnete sie als »die schönsten gehäkelten Kragen und Manschetten, die all die Damen in den Städten und auf dem Land an Sonn- und hohen Feiertagen tragen«. Dieses Weib schloss enge Freundschaft mit Jans Frau. Das Ergebnis war - es wurde alles nur noch schlimmer. Jan war unzufrieden und ging in die Grube, und aus der Grube kam er immer mürrisch zurück.

Eines Tages sollte Betty Brot backen - sie hatte das noch nie vorher getan, da immer ihre Mutter dieses Geschäft besorgt hatte. Jan hatte seine Uhr im Schrank hängen lassen, damit Betty wisse, wie spät es ist. Bis Mittag ging alles gut. Und gerade als das Brot so weit war, dass es in den Ofen kommen sollte, kam die Häkel-Frau herein. Betty bekam zuerst ein Gläschen Gin, dann ließ sie sich ihre Zukunft deuten, und weil ihr Glück ohne Ende und die hübschesten Kinder im ganzen Land versprochen wurden und Jan der größte Erfolg in den Tribut-Gruben, wurde der Kessel aufgesetzt und Schweinefleisch für die Wahrsagerin gebraten. Während all dieser Zeit war der Teig vergessen, und er wurde sauer und schwer. Als das Weib fort ging, wurde schließlich der Klumpen Sauerteig in den Ofen geschoben. Das vernachlässigte Kind quengelte, und da Jan bald zum Abendessen heimkommen würde, hatte Betty es sehr eilig, mit allem fertig zu werden. Um das Kind ruhig zu halten, gab sie ihm Jans Uhr, und sie machte sie auf, damit sie ihm noch besser gefalle und damit das liebe Kindchen sehen konnte, wie sich die netten kleinen Räder herumdrehen. Nach kurzer Zeit war die »Maschine« in der Asche gelandet und ging natürlich nicht mehr.

Schließlich wollte Betty wissen, wie spät es ist; da fand sie die Uhr mit Schmutzklumpen verstopft. Um das Ding wieder in Ordnung zu bringen, wusch sie es im Schaff mit dem Spülwasser aus, das sie seit zwei oder drei Tagen nicht gewechselt hatte, es war voller Gräten von Salzsardinen und voller Kartoffelschalen. So gut sie konnte, bemühte sie sich, die Uhr zu reinigen, denn nun fürchtete sie sich schrecklich vor Jan, und so weit sie dazu konnte, wischte sie all die kleinen Räder mit der Ecke des Küchentuchs ab, aber das verdammte Ding wollte nicht gehen. Sie musste das Brot nach Gutdünken backen, und es war daher schwarz wie Kohle und hart wie Stein, als sie es herausholte.

Jan kam nach Hause. Und ihr könnt euch selbst seine Wut vorstellen, als er alles so vorfand und dazu seine Uhr, die nicht mehr ging. Betty verschwor sich hoch und heilig, sie hätte das Ding nicht in die Hände genommen. Am andern Morgen stand Jan zeitig auf, um in die Grube zu gehen. Er nahm das verbrannte Brot und versuchte es mit einem Messer zu zerschneiden, aber es war vergeblich, ebenso gut hätte er versuchen können, einen Stein zu zerschneiden. Er nahm darauf die Axt, aber die schlug Funken darauf, sagte Monster-Jan, und machte nicht die kleinste Kerbe in der Kruste. Der arme Kerl musste ohne Frühstück zur Arbeit gehen und sich für das Mittagessen auf einen Anteil an den Fleischfladen eines seiner Kameraden verlassen.

Am Freitag, dem Tag darauf, war Zahltag, und nachdem Jan seinen Lohn bekommen hatte, ging er nach St. Ives um Brot und nahm die kostbare Uhr mit sich, damit sie in Ordnung gebracht werde. Der Uhrmacher fand bald heraus, woran es lag: hier war ein bisschen Fischgräte, da ein Stückchen Kartoffelschale, in einem Radzahn hing eine Faser vom Küchentuch, in einem andern ein Strohteilchen, und alles war voll Asche. Nun war die Katze aus dem Sack, und in dieser Nacht betrank sich Jan bis zur Sinnlosigkeit, ging heim und brachte seine Frau beinahe um. Und von dieser Zeit an war Jan jeden Tag betrunken, und Betty war es, sooft sie Gin erwischen konnte. Das arme Kind blieb den halben Tag sich selbst und dem Daumenlutschen überlassen und wälzte und rollte sich auf den verkommenen Lumpen in dem alten Korb umher, und keiner kümmerte sich darum.

Eines Tages war Betty zum Herumtreiben aufgelegt und ging von einem Haus zum andern, wo sie nur immer eine Frau finden konnte, die müßig genug war, um mit ihr zu schwatzen. Betty blieb bis zum Dunkelwerden fort - Jan hatte die letzte Tagschicht -, und das arme Kind wurde ganz allein gelassen. Als sie heimkam, wunderte sie sich, dass sie das Kind nicht hörte, aber sie dachte, es hätte sich in den Schlaf geweint, und war nicht weiter besorgt. Als sie die Kerze angezündet hatte, schaute sie schließlich in den Korb, und da war kein Kind. Betty suchte alles ab, draußen und drinnen, sie suchte an jeder nur möglichen Stelle, aber nirgends war eine Spur von dem Kind. Das ernüchterte Betty doch ziemlich, und sie erinnerte sich, dass sie die Tür hatte aufschließen müssen, um in die Hütte zu kommen. Während sie noch voller Angst war und vor der Begegnung mit ihrem Mann zitterte, kam Jan von der Grube heim. Natürlich wurde ihm gesagt, dass sein »jämmerliches bisschen von einem Kind verloren gegangen sei.« Er glaubte kein Wort von dem, was Betty ihm erzählte, sondern lief umher und rief alle Nachbarn heraus, und sie schlossen sich ihm bei der Suche an. Sie verbrachten die Nacht damit, dass sie jeden Fleck im Dorf und um das Haus herum untersuchten - aber es war alles umsonst.

Nach Tagesanbruch kamen sie alle zu einer gründlichen und ernsthaften Beratung zusammen. Da kam die Katze ins Haus gelaufen, den Schwanz steil aufgerichtet, und miaute kläglich. Hin und her lief sie und um einen Torfstich herum und schrie unaufhörlich, als wolle sie, dass die Leute ihr folgten. Nach langer Zeit dachte einer daran, der Katze nachzugehen, und da lag in der Mitte des Torfstichs auf einem schönen, grünen, weichen Grasneck das schlafende Baby, »appetitlich wie ein Nüßlein«, sorgsam war es in einige trockene alte Kleidungsstücke gewickelt, und alle seine Tücher waren sauber und trocken. Als sie das Kind auswickelten, fanden sie es überall bedeckt mit leuchtend bunten Blumen, so wie wir sie um ein kleines Kind im Sarg legen. Es hatte ein Veilchensträußchen in seinen niedlichen Händchen, und über sein Körperchen waren Goldlack und Himmelsschlüssel gestreut und Balsaminen und Minze. Der Torf rund herum war hoch aufgeschichtet, so dass kein kalter Windhauch das Kind streifen konnte. Alle stellten fest, dass das Kind nie vorher so hübsch ausgesehen hatte. Es ist ganz klar, sagten die alten Frauen, dass die Kleinen Leute das Kind geholt und von Kopf bis Fuß gewaschen hatten. Und die Arbeit, das Baby sauberzumachen, musste sehr langwierig gewesen sein, und da war die Sonne aufgegangen, bevor sie damit fertig wurden. So hatten sie das Kind an die Stelle gelegt, wo es gefunden wurde, und hatten vorgehabt, es in der nächsten Nacht wegzunehmen.

Man hörte nie wieder, dass sie gekommen seien, das Baby zu holen, aber alle sagten, diese Begebenheit habe bewirkt, dass Betty Schlampstrumpf und Monster-Jan sich sehr änderten. Die Hütte wurde in Ordnung gehalten, und das Kind war sauber. Sein Vater und seine Mutter tranken weniger und lebten danach glücklicher für alle Zeit.